Sicherlich kann man sich noch an die gute alte Taschenuhr von Opa erinnern. Jeden Morgen musste diese von Hand aufgezogen werden und verschwand dann wieder in der Hosentasche. Dem mittlerweile schon historischen Trend der Taschenuhr stellte sich damals die Armbanduhr erst mit Handaufzug und dann mit Automatikuhrwerk entgegen. Heutzutage sind Quarzuhren (batteriebetriebene Uhren) sehr verbreitet, weil sie mit der Zeit immer günstiger und so für die breite Maße erschwinglicher wurden. Doch was sind die Unterschiede und wieso muss man einen Beitrag darüber schreiben?
Ein kleiner geschichtlicher Exkurs
Die Erfindung des Federantriebes im 15. Jahrhundert ebnete den Weg der Taschenuhr. Die älteste erhaltene Uhr mit Federantrieb stammt ca. aus dem Jahr 1430. Bis zu dieser Zeit wurden mechanische Uhren nur durch Gewichte betrieben, wie man es z.B. von alten Pendeluhren kennt.
Schon seit dem späten 18. Jahrhundert gab es die Überlegung für ein selbstaufziehendes Automatik-Uhrwerk in Taschenuhren. Als Erfinder der Automatikuhr ist jedoch der britische Uhrmacher John Harwood bekannt. Die Erfindung des automatischen, bidirektionalen Aufzugs mit Rotor und Wechsler für Taschenuhren wird jedoch Abraham-Louis Perrelet schon im Jahr 1775 zugeschrieben. Die Rolex Oyster Perpetual von 1931 gilt als die erste funktionsfähige Automatikarmbanduhr mit einseitig aufziehbarem Rotor.
Durch die Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde die Taschenuhr dann auch durch die maschinelle Herstellung günstiger und somit nicht mehr nur für eine betuchte Oberschicht erschwinglich. Jedoch wurde die Taschenuhr nach dem Ersten Weltkrieg schnell durch die Armbanduhr ersetzt, da schon Soldaten im Krieg mit den Nachteilen einer Taschenuhr zu kämpfen hatten und später dann auch in der zivilen Welt die Armbanduhr immer mehr Gefallen fand, da diese noch kleiner und alltagstauglicher war.
Als dann in den späten 1960er mit der Einführung einer batteriebetriebenen Armbanduhr für den Massenmarkt die Quarzkrise beginnt, wurde die mechanische Armbanduhr weitestgehend verdrängt.
Die Quarzuhr hatte den Vorteil, dass sie extrem günstig zu erwerben war. Außerdem musste man die Uhr nicht mehr alle paar Tage aufziehen; sie lief genau und war dadurch auch in der Zeitmessung präziser und abgesehen von einem Batteriewechsel weitgehend wartungsfrei.
Es schien, als hätte die mechanische Armbanduhr ausgedient. Doch viele Uhrenliebhaber schwören weiterhin auf mechanische Uhrwerke. Und das ist auch gut so!
Pure Leidenschaft und Uhrenwahnsinn
Schaut man sich in der Uhrenbranche etwas um, bemerkt man sicherlich, dass Automatikuhren gegenüber dem Handaufzug sich deutlich durchgesetzt haben. Quarzuhren sind mittlerweile in allen Formen, Farben und Preisregionen angesiedelt und auch die Smartwatch erfreut sich zunehmend wachsender Beliebtheit.
Wie vieles im Leben, hat es auch die mechanische Armbanduhr nicht einfach gehabt.
Ich nehme immer gerne das Beispiel aus dem Animationsfilm „Toy Story“, als der Cowboy Woody von dem spacigen Astronauten Buzz Lightyear als Lieblingsspielzeug ersetzt wird. Nach einem anfänglichem Rivalenduell finden die beiden Charakter dennoch später zueinander und können in verschiedenen Momenten ihre persönlichen Stärken ausspielen. Wer den Film nicht kennt, kann es sich jedoch sicherlich vorstellen: ein Cowboy und ein mit Lasern ausgestatteter Astronaut mit vielen coolen Funktionen. Wer da technisch gesehen die Oberhand hat, wird einem schnell klar.
Doch sollte man eine solche Gegenüberstellung rein rational und technisch betrachten oder spielen etwa emotionale und leidenschaftliche Aspekte ebenfalls eine Rolle? Ich denke schon! Denn die Uhr ist seit ihrer Erfindung schon immer ein Statussymbol. Ganz nach dem Motto „Mein Haus, mein Auto, meine Uhr“ gibt es wohl keine Uhr, mit der man so den Begriff von Luxus verbindet, wie mit Uhren von Rolex und diese sind halt nun mal mechanisch. Natürlich spielt es für viele eine wichtige Rolle, von welcher Firma die Uhr hergestellt wurde. Für manche ist die Apple Watch der Inbegriff von Luxus und Modernität, für andere wiederum spielt es keine Rolle, ob sie eine günstige Casio am Arm haben. Sie wollen halt nur die Zeit ablesen und am besten so stressfrei wie möglich, ohne die Uhr jeden Tag aufziehen zu müssen. Das ist auch völlig in Ordnung, es gibt viele schöne Quarzuhren, die ihre Daseinsberechtigung haben.
Nun gut, generell bin ich der Meinung, dass analoge und digitale Quarzuhren etwas seelenlos sind. Es fehlt ihnen einfach das sprichwörtliche Herz und die Ästhetik. Wer jedoch eine günstige und unkomplizierte Uhr möchte und sich keine Gedanken um Ganggenauigkeit, Material und Prestige macht, der ist mit einer Quarzuhr bestens bedient. Mit einer Quarzuhr kann man ohne Bedenken Sport treiben und sie übersteht auch heftige Bewegungen, daher ist eine Quarzuhr eher für Personen, die eine handwerkliche Tätigkeit und regelmässig Sport betreiben geeignet.
Doch wer mechanische Präzision am Arm tragen will, die nur durch die Bewegung von Hand und Körper läuft, für den ist eine Automatikuhr genau das Richtige. Es gibt nichts schöneres, als den schleichenden Sekundenzeiger zu beobachten oder sich das Drehen und Wirken des Rotors in einem gläsernen Gehäuseboden anzusehen. Die Uhr bekommt eine neue Bedeutung und wird nicht nur als plumper Zeitmesser wahrgenommen, sondern man taucht in jahrzehntelanger Uhrmacherkunst ein und erlebt den Charme und die Faszination eines arbeitenden Uhrwerkes.
Für einige Uhrenliebhaber reicht das aber noch nicht aus. Sie sehen die Uhr nicht als bloßen Zeitmesser oder Gebrauchsgegenstand an, sondern sie möchten das Uhrwerk spüren, sich der filigranen Technik bewußt werden und mit der Uhr verbunden sein, und sie zelebrieren regelrecht das Aufziehen der Uhr über die Krone. Zudem ist das Uhrwerk nicht durch einen Rotor verdeckt und man kann die Unruh, das Herzstück einer jeden mechanischen Uhr, und das komplette Uhrwerk in seiner ganzen Pracht bestaunen.
Das bewußte Genießen und Tragen einer hochwertigen mechanischen Uhr kann nicht durch einige Zeilen Text erklärt werden, jedoch hoffe ich, dass die Worte bei dem ein oder anderen Anklang finden und Neugierde auslösen für ein wirklich interessantes und spannendes Thema.
Der Uhrenkavalier